Varusschlacht in Kalkriese ?

Gedanken über die Schlacht von Siggi Exner 12.12.2006

Seit einiger Zeit mehren sich die Stimmen, dass die Varusschlacht nicht in Kalkriese bei Osnabrück am Rande des Wiehengebirges stattgefunden hat. Besonders tut sich ein Landrat aus Lippe in Westfahlen hervor. Angesicht des bevorstehenden 2000 jährigen Ereignis sieht er wohl seine “ Felle davon schwimmen “.
Ich möchte hier als ehemaliger Mitarbeiter meine ganz persönliche Meinung dazu äußern. Da ich kein ausgebildeter Archäologe bin, ist dies meine subjektive Einschätzung, die ich durch meine Tätigkeit als Computerfachmann für die Aufnahme von Funde und Befunde auf dem Schlachtfeld gemacht habe. Als Hobby Archäologe habe ich versucht mich in die damalige Zeit zu versetzten. Wie waren die  Menschen, wie führte mann eine Krieg, wie sah die Landschaft aus.
Welche Fakten sind unumstritten:

  • Die Schlacht fand 9 nach Christus statt.
  • Die Schlacht dauerte drei Tage während es ständig regnete.
  • Die röm. Armee bestand aus drei Legionen, das sind rund 20.000 Mann
  • Sie waren auf dem Rückzug ins Winterquartier und schon zig Monate unterwegs
  • Die römische Armee unter Varus wurde in einen Hinterhalt gelockt und vernichtend geschlagen.
  • Arminius der Anführer der Germanen hatte eine Ausbildung in der römischen Armee
  • Die Germanen waren zahlenmäßig weit unterlegen 1:4 bis 1:5
  • Sie fand zwischen Wald und Moor statt. (mögen einige anzweifeln)

Wie muss man sich dies jetzt vorstellen.
Arminius war über das Verhalten der röm. Armee bestens im Bilde und hatte ihr Vertrauen. Er kannte ihre Schlachtordnung, ihr Verhalten beim Marschieren und wie sie ein Lager aufbauten und sicherten.

Wie aber besiegt man einen römischen Gegner der haushoch überlegen ist?

  • Ein Kampf auf einem offenen Schlachtfeld wo der Gegner seine Schlachtformation einnehmen kann ist unter allen umständen zu vermeiden.
  • Ein Lagerangriff  ist zu vermeiden
  • Der Gegner muss beim ersten Angriff entscheiden geschwächt werden.
  • Dies geht nur durch ein Überraschungsangriff aus dem Hinterhalt heraus.
  • Der Beste Zeitpunkt eines Angriffs ist während des marschierens in unwegsamen Gelände, wo genügend Deckung vorhanden ist.
  • Der Angriff erfolgt auf breiter Front in die Flanke des Gegners (schwächste Stelle) um möglichst viel Schaden und Panik zu erzeugen.
  • Das Gelände sollte dem Gegner keine Möglichkeit bieten, sich zu sammeln und sich neu zu formieren.

Wann und wo erfolgt der Angriff ?

  • Beim marschieren zieht sich der Tross extrem in die Länge - mehrere Kilometer.
  • Je schwieriger das Gelände desto schmaler, langsamer  und länger wird der Tross.
  • Die Soldaten sind mit dem Unwegsamkeiten des Geländes beschäftigt und daher abgelenkt
  • Die Stimmung in der Truppe war mit Sicherheit eine Mischung aus Frustration - Seit Monaten marschierten sie durch Germanien ohne sichtliche Erfolg auf Beute und Ruhm - sowie der Erleichterung auf eine baldige Heimkehr in ihr Winterquartier.
  • Das schlechte Wetter und das schwere Gelände drückte zusätzlich die Stimmung.
  • Ein später Angriff brachte daher einen Vorteil.
  • Um mit wenigen Leute einen  so langen Tross  in der Flanke anzugreifen, muss man ihn einerseits Verlängern indem er schmaler wird, andererseits “verdichten” um beim Erstangriff möglichst viele Gegner zu  besiegen.
  • Dies erreicht man durch eine Krümmung des Trosses.

Als Ideale Stelle bot sich der Kalkrieser Berg an. Von seiner Topographie her steht der Berg wie eine Nase vor dem von West nach Ost laufenden Wiehengebirge. Die Römer zogen von Osten kommend parallel entlang vom Gebirge.  Ihr Tageslager war in Ostercappeln wie Archäologen herausgefunden haben. Sie musste als sie in Venne angekommen waren, um diese Gebirgsausbuchtung herum. In diesen Berg, der voll bewaldet ist, war das Germanenheer versteckt.

Welche Rolle spielte da der Wall auf dem Oberesch und warum gibt es dort einen röm. Spitzgraben ?

Der berühmt gewordene Wall auf dem Oberesch kann ja wohl unmöglich als Angriffswaffen für einen Hinterhaltangriff dienen. Dieser Wall aus Sand, Grasssoden und Weidengefecht ist zum Angriff völlig nutzlos. Die Römer hätten an ihnen vorbeiziehen können, dabei ihnen zuwinken und ihre Reise gemütlich fortsetzten  können, ohne das auch nur einer zu Schaden gekommen wäre. Dieser Wall hatte also die Funktion eines Schutzwalles und diente daher nur zu Sicherung der Germanen. Schon wie der Wall angelegt ist - parallel zum Berg in ostwestlicher Richtung konnte er den Tross nicht behindern oder gar aufhalten.
Anders sieht es da mit dem röm. Spitzgraben aus.
Dieser ist quer zum Wall in Nord-Süd Richtung angelegt am östlichen Rand. Dieser Stellte eine massive Behinderung für den Tross da, ganz besonders für die mitgeführten Wagen und diente somit als vorgelagerter zusätzlichen Schutz für den Wall.

Wie aber kommt es das Germanen einen Spitzgraben bauen?

  • Arminius hatte eine hervorragende Ausbildung in der röm. Armee genossen.

Warum an dieser Stelle ?

  • Die Germanen mussten verhindern  das die Römer in Richtung Bramsche durchbrechen um ins offene Gelände zu kommen.


Erstes Szenario

  • Die Vorhut, die die Erkundung des Gelände vornimmt gehörte zu den Verbündeten der Germanen.  Sie machten natürlich keine  Meldung, als sie  das Oberesch mit der Sperranlage der Germanen erreichten und liessen die Truppen soweit vorrücken bis die ersten Römer in den vorderen Teil des Trosses die Falle erkannten. Der Tross müsste sich zu diesem Zeitpunkt um den Berg Richtung Venne gelegt haben, als der Angriff erfolgte. Als das “ Signalhorn “ erklang sprangen die Germanen aus ihrer Deckung entlang der Bergflanke und griffen den ahnungslosen Trupp auf breiter Front an. Das “Schlachtfeld kann daher am ersten Tag des Angriffes niemals nur auf dem Oberesch stattgefunden haben,  sondern zog sich bis mindestens Venne hin. Je nachdem wieviel Truppenteile sich den Germanen angeschlossen haben, könnte sich die Kampfhandlungen auch über Venne hinaus erstreckt habe.
    Leider hat man bei Probesondierungen zu meiner Zeit dafür keine Beweise gefunden. Dies muss allerdings nichts bedeuten, denn die Schlacht fand am ersten Tag fast ausschliesslich auf dem Weg statt, der dann nach Ende des Kampfes von den Germanen gründlich geplündert worden sein dürfte.
    Man darf nicht vergessen, das der  Weg den die Römer gehen mussten eingerahmt war und zwar im Süden durch den bewaldeten Berg und im Norden durch den Sumpf durch dem heute der Mittellandkanal fliest. Weiter Richtung Norden erhebt sich eine Sanddüne, die damals die gängige Verbindung zwischen Ost und West war (alte Heerstraße). Noch weiter nach Norden ist das Große Moor was völlig unpassierbar war.
  • durch den Angriff in die Breitseite des Trosses wurde ein maximaler Schanden  den Truppen zugeführt. Panik  war mit Sicherheit ausgebrochen. Das Ende des Tross konnte nicht bzw. erst sehr spät eingreifen.
  • Je nachdem wo der Versorgungsteil des Trosses sich befand werde die Germanen versucht haben diesen zu zerstören, um die Logistik der Römer zu vernichten.

Nach dem ersten Schock werden die Römer versucht haben sich zu sammeln um sich neu zu formieren. dabei ging es natürlich insbesondere auch um die hereinbrechende Nacht zu überstehen. Ich kann mir kaum vorstellen das sie in der Lage waren ein ordnungsgemäßes Lager nach ihren Vorstellungen zu bauen. Viel mehr versuchten sie die versprengte Armee zu sammeln und als dichtgedrängter Haufen die Nacht zu überstehen. Ich denke mal das der Platz irgendwo in Richtung Venne lag.
Die Germanen zogen sich in ihren Lagern im Berg zurück. Wie z.B. das Lager vom Oberesch. Hinter dem Schutz des Walls konnten die erschöpften Krieger sich ausruhen, Nahrung aufnehmen und ihre Verwundungen verarzten lassen. Das Lager auf dem Oberesch hatte gleichzeitig auch die strategische Bedeutung sofort zu reagieren  falls die Römer versuchten nach Westen durchzubrechen. An dieser Stelle konnten sie nicht unbemerkt durch.
Wenn sie clever gewesen sind haben sie die Römer während der ganzen Nacht mit Scheinangriffen bei “Laune“ gehalten. Nur ein paar Leute waren nötig die im Schutze der Dunkelheit mit ordentlichen Zampano immer wieder das Lager der Römer “angriffen“ so das sie keinen Schlaf fanden. Da es regnete kann man da von ausgehen, das man die Hand kaum vor den Augen sah.
Am zweiten Tag war zwar das röm. Heer geschlossen und ein Frontalangriff nicht mehr so einfach. Zugute kam aber jetzt, dass die Römer sichtlich geschwächt waren. Kaum Schlaf, hungrig, durchnässt und völlig demoralisiert. Immer mehr versuchten sicherlich einige auf eigene Faust durch den Sumpf auf die Düne zu gelangen um danach nach Westen durchzubrechen. Für die Germanen ein leichtes Spiel sie dort abzufangen. Ins Moor trauten sich sicherlich nur die wenigsten Soldaten, denn das Moor war der unheimlichste Ort den sie sich vorstellen konnten. Nur wenige wenn überhaupt werden das überlebt haben. Ein Teil der Truppe wird den Weg direkt übern Berg versucht haben.
Der Rest der Truppe die den zweiten Tag zusammen geblieben sind und überlebt haben, werden in ihrer Verzweiflung den Durchbruch durch das Nadelöhr auf dem Oberesch versucht haben.
Nach meiner Überzeugung fand der Schlußkampf  auf dem Oberesch statt. Hier versuchten die Römer einen verzweifelten Gegenangriff auf das Hauptlager der Germanen mit dem Ziel des Durchbruchs.
Wie wir wissen haben nur wenige das Gemetzel überlebt.

Zweites Szenario

Die Vorhut gehörte nicht zu den Verbündeten sodass sie viel früher die Falle erkennen mussten. Das bedeutet die Schlacht lag noch mehr in östlicher Richtung. Ansonsten war der Kampfverlauf ähnlich.

Was zeigen die Funde

Da kann ich nur aus meiner persönlichen Zeit (1998-2000) Schlüsse ziehen.
Fakt ist:

  • Es wurden jede Menge röm. Gegenstände Gefunden
  • Gehäuft vor dem Wall was ein Angriff nahe legt
  • Interessant war eine Fund von zwei Speersitzen hinter dem Wall die ordentlich hingelegt lagen. Meiner Meinung nach waren das Reserve Waffen die nicht benutz wurden.
  • Im Spitzgraben lagen röm. Funde (unteranderem ein Glasauge)

Etwas schwierig wird es mit den Knochenfunde. Für ein großes Schlachtfeld fehlen da eindeutig zu viele Knochen. Von einer Bestattung kann keine Rede sein. Bei den damals größten Fund lagen sie wie reingeschoben. Es erinnerte mich als ich es im Computer eingegeben hatte um es zu zeichnen, an die schrecklichen Bilder, als die Nazis mit Raupen die Leichen in die Löcher schoben. Auch diese Knochen müssten alle eine leicht Schräglage haben. Ich habe dort nur ein einzigen Knochenfund gesehen wo  eindeutige eine  anständige Bestattung vollzogen wurde (Herbst 1999). Er befand sich am südwestlichen Rand des Oberesch  Dies war allerdings kein Massengrab wie in der Zeitung aufgebauscht wurde. Es lag  dort ein Menschenschädel der anscheinend durch ein Schwerthieb verletzt wurde. Dazu lagen noch ein paar andere Knochen (Schulterblatt ? usw.) sowie ein Pferdegebiss vielleicht Maultier (stand zu meiner Zeit noch nicht fest).  Kalksteine bildeten eine Überdeckung sowie ein Unterbau des Grabes. Die Bestattung  wirkte äußerst liebevoll hergerichtet an einen eigentlich ungünstigen Ort. Aufgrund des  Untergrunds  war das Grab man gerade rund 40 cm unter der Oberfläche. Man muss sich Fragen warum ein so kleines Grab an eine so ungünstigen Ort angelegt wurde, wo doch eigentlich tausende von Knochen überall rumlagen.

Ich bin zwar seit nunmehr sechs Jahren dort nicht mehr tätig, was allerdings an der Sachlage nichts ändert. In den vergangenen Jahren ist weder das Massengrab, dass Germanicus 7 Jahre später angelegt hat, gefunden worden, noch fand man die fehlende Standarte.

Ich bin sicher sie können alle bis zu ihrer Rente weiter buddeln. Sie werde nichts wesentliches mehr finden was sie nicht schon längst gefunden haben. Standarte wie Massengrab befindet sich nicht auf dem Oberesch.

Mein Tipp die Standarte liegt unter einem Skelett. Der Träger hat sich auf der Flucht geopfert und sich schützend darüber geworfen um sie zu verbergen. Natürlich nicht auf einer freien Wiese.

Leider hat man es mir vergönnt mein Lebenstraum zu erfüllen und so musste ich dort gehen. Als   Quereinsteiger hat man  es in Deutschland sehr schwer.

Und so bleibt alles beim alten und das schon seit meiner Kindheit, als ich zu meiner Lehrer mit 10 oder 11 Jahren sagte: “Ich bin ja noch ein Kind, ich muss ja wohl erst erwachsen werden. Erst dann werde ich oder ein Andere Beweisen das die Schlacht im Teutoburger Wald in Wahrheit  in Kalkriese statt fand.”

Zu Erklärung: Wir wollten damals von der Hagener Volksschule in Vechta aus einen Schulausflug zum Hermannsdenkmal machen. Ich wollte nicht mit, da ich es bescheuert fand, dass das Denkmal an einem völlig falschen Ort aufgestellt wurde. Mein Lehrer forderte mich daraufhin  auf, ihm zu zeigen wo den die Schlacht nach meiner Meinung war. Ich ging zur Landkarte und zeigte auf Kalkriese, den Ort zwischen Wald und Moor.

Als nächstes kommt ein Bericht über die prähistorischen Funde im Camper Moor (4000 v. Chr.) und was es mit den Holzschwertern  auf sich hat.

Siggi

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